Der Gartenbau in China steht vor der großen Herausforderung, ausreichend frisches Gemüse für die Versorgung der Bevölkerung zu produzieren. Um dieses Ziel erreichen zu können, setzen große Betriebe zunehmend auf moderne Technik. Das gilt auch für Peifu Jiang und Xiadong Gou, die im Norden Beijings eine rund 30 ha große Gewächshausanlage für die Tomaten- und Gurkenproduktion planen.
Über die chinesischen Partner von STEP Systems, dem Unternehmen Biopute Co. mit den Geschäftsführen Hao Huakun und Fengqiang Xu kam es zu einem ersten Kontakt auf der Hortiflorexpo IPM Shanghai, der jetzt in einem Informationsbesuch in Deutschland seine Fortsetzung fand. Harald Braungardt, Inhaber von STEP Systems und gleichzeitig geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der INDEGA, hatte für die kleine chinesische Delegation ein spezielles Besuchsprogramm organisiert, um einmal deutlich zu machen, dass auch die Gartenbauforschung in Deutschland sehr gute Arbeit leistet, insbesondere im Hinblick auf den effizienten Einsatz von Energie.
Genau dieses Thema ist auch in China von großer Bedeutung, da wegen der hohen Energiepreise der effiziente Energieeinsatz und die Suche nach alternativen Energiequellen eine große Rolle spielt. So zeigten sich die Chinesen sehr beeindruckt von einer der modernsten Tomatenproduktionsanlagen in Deutschland, der Betrieb Scherzer. Insbesondere die Anbindung an das BHKW der Gemeinde Dinkelsbühl löste neue Überlegungen für den ersten Komplex mit 10 ha aus, der den lokalen Markt in Beijing beliefern soll. Da vor allem die Nachfrage nach biologisch angebautem Gemüse ständig steigt, soll im ersten Gewächshauskomplex auch eine größere Fläche für die biologische Produktion geplant und ausgestattet werden.
Ebenfalls sehr beeindruckend für chinesische Augen war die hochmoderne Automatisierung bei Scherzer, sowohl in der Produktion als auch in der Verpackung und Konfektionierung. Betriebsleiterin Julia Neber stellte das Unternehmen den Gästen sehr kompetent vor.
Das chinesische Interesse an deutscher Energie-und Automatisierungstechnik hatte sich auch kürzlich bei einem Besuch einer Delegation aus dem chinesischen Landwirtschaftsministerium im Raum Lohne/Papenburg gezeigt. Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke sind Technologien, für die sich insbesondere die Planer von gärtnerischen Großanlagen mit Produktions- und Lagerräumen sehr stark interessieren.
Für den zweiten Tag in Bayern stand ein Besuch der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft im Institut für Pflanzenbau bei Rudolf Rinder auf dem Programm. Hier fand das kürzlich eröffnete neue Forschungsgewächshaus reges Interesse. Die Chinesen zeigten sich sehr angetan von den kompetenten Auskünften, vor allem zur Beleuchtung. Als weiteres Highlight wurde die Phenotyping Anlage von Lemnatec und Bosch im benachbarten Versuchsgewächshaus registriert, insbesondere unter dem Aspekt der Energiepflanzenproduktion. Die anschließende Besichtigung der Labore der Hochschule Weihenstephan bei Prof. Dr. Elke Meinken und Prof. Dr. Bernhard Hauser rundeten das Programm ab, bevor es dann für zwei Tage nach Berlin ging.
Bei der ersten Station GEFOMA konnten die chinesischen Gäste bestehende Kontakte vertiefen. Prof. Dr. Matthias Diezemann und Holger Dröge stellten einige Projekte vor, die das Planungsbüro in der jüngsten Zeit verwirklicht hatte. Auch hier lag der Diskussionsschwerpunkt auf der Energie- und Wasserversorgung des in China zu planenden Projektes. Nebenbei ging es dabei auch um den von chinesischer Seite gegenüber der INDEGA schon mehrfach geäußerten Wunsch nach intensiverem Austausch, beispielsweise durch chinesische Praktikanten in deutschen Unternehmen. Ein Thema, das sicher bei einem fest vereinbarten Gegenbesuch in China weiter vertieft werden kann.
Einen Eindruck zum Stand der Gartenbauforschung vermittelte die anschließende Besichtigung des IGZ Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren unter Leitung von Dr. Hans-Peter Kläring. Besonders interessant war das Phytotron mit drei komplexen Anlagen zur Kultivierung von Pflanzen unter geregelten Bedingungen mit Hilfe von Gaswechselgewächshäusern.
Den Abschluss der viertägigen Rundreise bildete am nächsten Tag der Besuch des ZINEG-Hauses der Humboldt-Universität in Berlin. Prof. Dr. Uwe Schmidt informierte sehr ausführlich über die alternative Energieversorgung des Gewächshauses und des Referenzhauses. Bei einem Rundgang durch die weiteren Versuchsgewächshäuser konnte er über interessante Ergebnisse der praxisnahen Versuche berichten, die die chinesischen Gäste bereitwillig aufnahmen.
„Natürlich war es recht zeitaufwändig, mit unseren chinesischen Gästen durch Deutschland zu reisen,“ sagt Harald Braungardt. „Aber es hat sich gelohnt! Wir haben sehr schön deutlich machen können, dass sich die deutsche Gartenbautechnik weltweit auf allerhöchstem Niveau befindet und sich vor keiner anderen Nation verstecken muss.“ Für die chinesischen Gäste sei diese Erkenntnis auch in Bezug auf die Gartenbauforschung doch etwas überraschend gewesen, da sie bisher nur von den Niederlanden als „dem Gartenbauproduktionsland“ gehört hatten.
Für die deutschen Gastgeber war aufschlussreich, dass in China „latest technology“ absolut gefragt ist und Investoren bereit sind, größere Summen für die lokale Pflanzenproduktion in die Hand zu nehmen. Als weiteren Beweis für das Interesse an High-Tech-Produktion wertet Braungardt die Tatsache, dass die chinesischen Besucher anschließend weitere Tage in München verbrachten, um an den PhenoDays teilzunehmen. Das wissenschaftliche Symposium befasste sich mit dem Einsatz der Phenotyping-Technologie in der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Produktion.